Was für ein Wetter war das
diesen Sommer?
-Rückblick und eine meteorologische Erklärung-
von Walter Rentel
Der Sommer 2002 (meteorologisch vom 1. Juni bis 31. August) war
zweifelsfrei von seiner extremen Niederschlagssituation in ganz
Mitteleuropa geprägt. Ursache dafür war eine im Sommer eher seltene, aber
besonders gefährliche Vb-Zugbahn (Klassifikation nach van Bebber 1897) der
Island-Tiefdruckgebiete, die entsteht, wenn diese (Tiefdruckgebiete) nicht
ihren überwiegend beschrittenen Weg über das mitteleuropäische Festland
nehmen, sondern durch einen Trog nach Süden über das warme Mittelmeer
umgelenkt werden.
Über dem Mittelmeer laden sie sich mit warmer, sehr feuchter Luft auf.
Diese wassergeschwängerten Luftmassen ziehen dann am Ostrand der Alpen
über Oberitalien, Österreich, Süd- und Ostdeutschland, Tschechien,
osteuropäische Mittelgebirge (z.B. Riesengebirge als Quellgebiet der Elbe)
nach Norden. Dabei kühlen sie sich ab, was zu ergiebigen Niederschlägen
führt. Durch die Temperaturunterschiede in der vertikalen Luftschichtung
entstehen zusätzlich häufig starke Gewitter.
Diese Vb-Wetterlage hat zu der diesjährigen Hochwasserkatastrophe in
vielen Teilen Europas geführt.
Es handelt sich dabei um ein vitales, meteorologisches Ereignis, das
besonders im Juli sehr selten, aber immer wieder in großen zeitlichen
Abständen auftritt. Es sei nur auf folgende, zum Teil nach größere als
dieses Jahr, Unwetterkatastrophen aufgrund dieser gefährlichen
Vb-Wetterlage hingewiesen:
1. Dauerregen vom 30.Juli 1897 im Riesengebirge (größte bisher in
Mitteleuropa gemessene tägliche Niederschlagsmenge von 345 Liter pro qm in
Neuwiese/Böhmen).
2. Wolkenbruch in Sachsen im Gottleuba- und Müglitztal am 8./9.Juli 1927,
bei dem auf einer
Fläche von 20 qkm in wenigen Stunden durchgängig mehr als 200 Liter pro qm
Niederschlag
fielen und 146 Menschen ertrunken sind.
3. Ostseeorkan vom 7. bis 9. Juli 1931.
Unsere Region ist bei Richtung der Vb-Zugbahn nach Norden relativ wenig
getroffen worden. Dennoch ist dieses gefährliche Niederschlagsereignis in
der Regel so mächtig, daß auch diesen Sommer die westlichen Ausläufer dem
Paderborner Land soviel Niederschlag brachten, daß er zu den
niederschlagreichsten der letzten 50 Jahre, verglichen mit dem
Durchschnitt in Bad Lippspringe von 261,2 Liter pro qm, gezählt werden muß.
In Dahl fielen in den 3 Sommermonaten 425,2 Liter, davon 180 allein im
Juli mit dem höchsten Tagesniederschlag von 58 Litern am 17./18.Juli. In
Elsen fielen insgesamt 401,8 Liter, 195,1 Liter im Juli, davon die
Rekordmenge von 77,7 Liter in 24 Stunden (17./18.7.).
Die bisher in Lippspringe gemessenen höchsten Tagesniederschläge betrugen
72,6 Liter im Juni 1981 und 70,5 Liter im Juli 1995. Die höchsten
Gesamtniederschläge(in den 3 Sommermonaten) gab es bisher im Sommer 1956
mit 455,1 Litern und 1965 mit 366,6 Litern. Die Annalen wissen über die
Überschwemmungen in Paderborn zu berichten, als deren Folge der
Lieth-Staudamm gebaut wurde. Soweit zum Niederschlagsgeschehen, das man
nur mit dem Fazit
ein Sommerregen ist erfreulich
ein Regensommer ganz abscheulich
(Eugen Roth)
beschreiben kann.
Es gab aber auch noch mehr Wetter, nämlich Temperaturen, Sommertage (über
25°C) und heiße Tage (über 30°C). Trotz der Regenmassen waren die
Temperaturen überdurchschnittlich im Vergleich zum langjährigen (1961-90)
Mittel Lippspringe von 16,3°C. Die Mitteltemperaturen betrugen in Dahl
18,1°C (Vj. 18,1°C), in Elsen 19,3°C (Vj. 19,2°C). An diesem
Wärmeüberschuss waren alle 3 Sommermonate beteiligt. Mit nur 18 (Vj. 26)
Sommertagen und 6 (Vj. 7) heißen Tagen in Dahl, 19 (Vj.27)Sommertagen und
9 (Vj. 11) in Elsen, war es wenig sommerlich.
Dafür hatten wir im letzten Jahr einen der besten Sommer seit 1947. Ob uns
das ein Trost ist? Oder vergessen wir zu schnell? Vielleicht entschädigt
uns ja der Herbst. Der Start war schon nicht schlecht. Erinnern Sie sich
noch an den Herbst – September 2001? Ganz abscheulich!
[TOP] |